E

s sind verstörende Bilder: eine vollständig verschleierte Braut in einem Käfig, ein Mädchen als Braut mit einem Strick um den Hals und ein Bräutigam mit Knüppel und Blumen. Diese Bilder entstammen nicht einem Hirngespinst, sondern den Gedanken von jungen Türkinnen zwischen acht und 16 Jahren. Sie erlauben einen Einblick in die Gefühlswelt von Kinderbräuten, der nur schwer zu ertragen ist. Zwangsehen gibt es in der Türkei trotz Verboten weiterhin. Der Mantel des Schweigens schützt sie. Doch auch hier in Deutschland gehören sie zur Tagesordnung – mit aufsteigendem Trend. Sie stellen eine schwere Menschenrechtsverletzung gegen Artikel 16 dar.

Das beinhaltet Menschenrecht Nr. 16

Der Wortlaut von Menschenrecht Artikel 16 ist:

1. Heiratsfähige Männer und Frauen haben ohne jede Beschränkung aufgrund der Rasse, der Staatsangehörigkeit oder der Religion das Recht, zu heiraten und eine Familie zu gründen. Sie haben bei der Eheschließung, während der Ehe und bei deren Auflösung gleiche Rechte.
2. Eine Ehe darf nur bei freier und uneingeschränkter Willenseinigung der künftigen Ehegatten geschlossen werden.
3. Die Familie ist die natürliche Grundeinheit der Gesellschaft und hat Anspruch auf Schutz durch Gesellschaft und Staat.

Mit diesen drei Paragrafen zu Artikel 16 der Menschenrechte wird das Recht von heiratsfähigen Menschen geschützt, eine Ehe zu schließen sowie eine Familie zu gründen. Jedoch ist es den einzelnen Ländern möglich, gewisse Verbote aufzustellen. Hierzu gehören in Deutschland die Vielehe, die Heirat zwischen nahen Blutsverwandten und die Ehe zwischen Personen mit eingeschränkten geistigen Fähigkeiten. Auch ein Mindestalter ist vorgeschrieben. Darüber hinaus ist eine gesetzliche Gleichbehandlung der Ehepartner in dem Artikel fixiert. Der jeweilige Staat ist dazu angehalten, etwaige Ungleichheiten abzuschaffen. Kommt es zur Auflösung der Ehe, darf keine Geschlechterdiskriminierung erfolgen.

Mit dem Verbot einer Heirat ohne volles und freies Einverständnis beider Ehepartner wird eine Zwangsehe ausgeschlossen. Weder der Staat noch die Eltern oder die Familie an sich dürfen sie durchführen. Das soll das Verheiraten von vor allem jungen Mädchen durch ihre Eltern schützen, wie es in einigen Ländern noch praktiziert wird.

Der dritte Absatz dient dem Schutz der Familie als eine „natürliche und grundlegende Einheit der Gesellschaft“. Der Staat steht in der Pflicht, in der Rechtsordnung Vorschriften aufzunehmen, um die Familie zu fördern. Hiermit gibt es einen Bezug zu Artikel 12 und Artikel 7 der Menschenrechte.

Gegen Diskriminierung: Deutschland weitet den Begriff der Ehe aus

Deutschland hat im Jahr 2017 die Gleichberechtigung bei der Ehe eingeführt. Das heißt, dass alle Paare unabhängig von ihrem Geschlecht und ihrer sexuellen Orientierung heiraten dürfen. Solch eine Maßnahme geht mit Artikel 1 der Menschenrechte einher und weist auf die Toleranz der Bundesrepublik hin. Indem Gleichgeschlechtliche formal die Ehe eingehen dürfen, erhalten sie die gleichen Rechte und Pflichten wie nicht-gleichgeschlechtliche Paare. Das traditionelle Bild der Ehe aus Frau und Mann gehört damit der Vergangenheit an.

Ein schwules oder lesbisches Paar mit Trauschein hat damit die gleiche Rechtsstellung vor dem Gesetz wie ein Paar aus Mann und Frau. Sie dürfen Kinder adoptieren und in Notlagen wichtige Entscheidungen für ihren Partner treffen. Keiner der beiden ist auf ein Testament angewiesen, um vom anderen zu erben. Auch steuerrechtlich profitieren sie von der Ehe.

Dieser Schritt hin zur Beseitigung von Diskriminierungen war nach Menschenrechtlern längst überfällig. Endlich haben alle Ehepaare die gleichen Rechte.

Andere sehen darin eine Zerstörung der traditionellen Ehe und damit der Familie und empfinden dieses neue Konstrukt als verstörend und schlichtweg unnatürlich, vor allem für betroffene Kinder. Ein Blick ins Ausland zeigt, dass bereits 22 weitere Länder die gleichgeschlechtliche Ehe rechtlich anerkennen. Der Großteil der Welt sieht dies jedoch anders. Vielerorts ist die Ehe zwischen Frau und Frau sowie Mann und Mann verboten. Gleichgeschlechtliche Beziehungen stehen teilweise sogar unter Strafe, was gegen Artikel 2 der Menschenrechte verstößt.

Verstoß gegen Menschenrecht Nr. 16 in Deutschland omnipräsent

Zwangsehen sind in vielen Ländern dieser Welt ein großes Problem. Zumeist sind es die Mädchen, die an deutlich ältere Männer verheiratet werden. Den Kindern wird somit das Recht auf Selbstbestimmung und zumeist auch Bildung verwehrt. Sie befinden sich plötzlich in einem Konstrukt, was nach deutschem Gesetz Erwachsenen vorbehalten ist. Es geht mit Pflichten und Taten einher, die die Seele der Zwangsverheirateten nachhaltig schädigen oder gar zerstören.

Wie eingangs bereits erwähnt, gibt es auch Zwangsehen in Deutschland. Sie sind kein so seltenes Phänomen, wie manche glauben mögen. Jedes Jahr sind von dem Verstoß gegen Menschenrecht Nr. 16 Hunderte Mädchen hierzulande betroffen. Oft geht dieser Verstoß mit Verstößen gegen die Menschenrechte 3, 4 und 5 einher.

Der Grund für die Zwangsheirat ist simpel. Einige Einwanderer bringen ihre Traditionen aus ihren Herkunftsländern mit und setze diese hier fort.

Obgleich Zwangsehen in Deutschland explizit verboten sind und unter Strafe stehen, finden sie statt.

Oft werden diese Verbrechen nicht angezeigt und nicht geahndet. Zu groß ist der Zusammenhalt und der Druck innerhalb der muslimischen Gemeinschaft. In einigen Moscheen werden die Väter gar dazu gedrängt, ihre Töchter zu verheiraten. Zwangsehen werden so in einem Land zum Alltag, in dem Toleranz aktiv vom Gesetz unterstützt wird.

Ein schwieriges Problem: Zwangsehen in Deutschland

Aktivisten, die sich gegen die Zwangsehe in Deutschland einsetzen, fordern eine bessere strafrechtliche Verfolgung dieser Taten. Zugleich müsste mehr in der Öffentlichkeit darüber gesprochen werden. Auch Aufklärungskampagnen – insbesondere in Moscheeverbänden – seien wichtig, um die Menschen für dieses Problem zu sensibilisieren. Bekannte und Freunde müssen aufmerksam sein, wenn eine Freundin berichtet, bald gegen ihren Willen verheiratet zu werden. Nur so lässt sich langfristig ein Klima erzeugen, in dem Zwangsehen nahezu unmöglich sind.

Für die Opfer selbst ist es schwer, etwas zu tun. Sie befinden sich seit ihrer Geburt in patriarchalischen Strukturen, weswegen sie aus diesen kaum ausbrechen können. Tun sie dies, ziehen sie den kompletten Hass der Familie auf sich. Die Folge: Ihre Schwestern werden zwangsverheiratet oder sie müssen um ihr Leben fürchten. Umso wichtiger sei es nach Meinungen von Menschenrechtlern, die kollektiven Strukturen hinter den Zwangsehen aufzulösen. Muslimische Mädchen müssten die Möglichkeit haben, frei ihre Persönlichkeit zu entfalten und voll umfassenden Zugang zu Bildungseinrichtungen zu haben.

Gerade hier zeigt sich das zweischneidige Schwert der Toleranz: Auf der einen Seite ist es wichtig, andere Glaubensrichtungen und Kulturen zu akzeptieren, andererseits beobachtet man innerhalb dieser Gruppen Diskriminierungen von Mitgliedern, die gegen die Menschenrechte verstoßen.

Hier zeigt sich die bittere Seite der Toleranz. Selbstverständlich gibt es viele eingebürgerte Muslime in Deutschland, die Zwangsehen genauso ablehnen wie wir. Dies sei noch einmal betont, denn wir sind durchaus für Multikulti. Das kann ganz wunderbar funktionieren. Wichtig bei alledem ist die  Akzeptanz der deutschen Rechtsordnung und damit dem Verstehen darüber, in welchem Land man sich niederlässt und wessen Vorteile man dadurch genießt. Respekt vor der bestehenden Kultur und den Gesetzen - in diesem Fall Deutschland - ist eine Voraussetzung für ein friedvolles Miteinander.

Weltweit sind Zwangsehen Alltag

Jedes Jahr werden auf der Welt Minderjährige gegen ihren Willen verheiratet. Oft geschieht dies in Ländern, in denen der Nachwuchs bezüglich Bildung und Wahrnehmung eigener Rechte stark benachteiligt wird.  

In Südasien und in Afrika südlich der Sahara findet sich der größte Anteil an Frauen, die vor ihrem 18. Lebensjahr in einer Ehe leben müssen. Fast 50 % aller Frauen werden dort sehr früh verheiratet. Im westafrikanischen Niger sind es gar 76 % aller Frauen. Davon sind 28 % nicht einmal 15 Jahre alt. Solche Verhältnisse zu ändern, ist schwierig. Gesetze, die ein heiratsfähiges Alter vorgeben, reichen dafür nicht aus. Strukturelle Veränderungen und ein kulturelles Umdenken wären erforderlich, um nachhaltige Änderungen einzuleiten.

Wenn Du Dich einsetzen möchtest, gegen die Einschränkungen unserer Menschenrechte etwas zu tun, oder Institutionen und Gruppen unterstützen willst, die effektiv dagegen vorgehen, Aufklärung betreiben und bereits Kinder und Jugendliche zu dem Thema sensibilisieren, dann melde dich bei uns: Mach mit!

Weitere Informationen und Quellen zum obigen Thema:

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Photo by Nathan Dumlao on Unsplash

Publiziert am
Mar 1, 2021
 in Kategorie:
Schutz

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