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in anständiger Umgang mit den Mitmenschen sollte eine Selbstverständlichkeit sein. Ist er aber nicht, wie leicht aus der aktuellen Berichterstattung im Fernsehen zu entnehmen ist. Hieran zeigt sich einmal mehr, dass das 1948 von den Vereinten Nationen unterzeichnete Dokument zu den Menschenrechten eine aktuelle Bedeutung besitzt. Das Papier beinhaltet 30 Artikel zu unterschiedlichen Menschenrechten.

Im Folgenden gehen wir näher auf Artikel 5, Verbot der Folter ein:

»Niemand darf der Folter oder grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe unterworfen werden.«

Das meint Artikel 5 der Menschenrechte

Das Folterverbot als Menschenrecht Nr 5 ist elementar wichtig und hat keinen Handlungsspielraum bezüglich etwaiger Einschränkungen oder Eingriffe. Es ist unerheblich, wie sich das Opfer vorab verhalten hat. Es darf weder durch den Staat und seine Organisationen noch durch private Organisationen gefoltert werden.

Vermutlich weißt du bereits, dass dieses Menschenrecht häufig missachtet wird - ob von Privatinstitutionen, Geheimdiensten oder dem Militär.

Folter dient weiterhin als Strafe, zur Erniedrigung und zur Diskriminierung. Auf diese Weise lässt sich der Mensch so sehr einschüchtern, dass er Dinge tut, die er nicht tun möchte. Er macht Geständnisse, die keinen Wahrheitsgehalt haben.

Vielleicht fragst du dich, wie ein Mensch einem anderen Menschenen gegenüber so grausam sein kann. Dahinter stecken niedrige Beweggründe und das Durchsetzen von eigenen Interessen auf Kosten anderer. Terrorregime rund um den Globus tun dies, um ihre Angstherrschaft aufrechtzuerhalten. Sie üben so einen gezielten Druck auf die Bevölkerung aus, um sie gefügig zu machen. Ein Aufbäumen gegen die Obrigkeit wird so im Keim erstickt.

Aus politischen und wirtschaftlichen Gründen haben sich in den vergangenen 70 Jahren immer mehr Staaten offiziell von der Folter in Form von Gewalt abgewendet.

Ob dies so bleibt, ist aufgrund der künftigen Verschiebung der Machtverhältnisse und des Bedeutungsverlustes der westlichen Mächte, fraglich. Im Grunde ist dies auch unerheblich, denn Menschenrecht Nr. 5 hat Folter weder in Europa noch in den USA oder anderen Teilen der Welt komplett abschaffen können.

Anstelle von drakonischen Strafen wie aus dem Mittelalter kommt dann Gewalt in einem anderen Gewand daher: Elektroschocks, Waterboarding, Vergewaltigung, Schlafentzug, Psychoterror. All dies sind Foltermethoden, die sich oft schwer nachweisen lassen. Das macht solch eine »Behandlung« aber nicht weniger schmerzhaft oder grausam für das Opfer. Das Ziel - Erniedrigung, Diskriminierung, Strafe - wird durch solch eine Misshandlung erreicht.

Folter ist allgegenwärtig

China wird oft als Beispiel für Verstöße gegen die Rechte der Menschen angeführt. Hierzu gehören die staatliche Unterdrückung der Uiguren, die Polizeigewalt in Hongkong, die Verhaftung von Menschenrechtsaktivsten und Anwälten und Folter in Gefängnissen.

Auch Russland, Nordkorea und Venezuela wird eine grausame Behandlung von Regimegegnern zugeschrieben. So schrecklich Fälle wie diese sind, westliche Großmächte greifen sie gern in der Boulevardpresse auf, um Stimmung gegen die unliebsamen Länder zu machen.

Folter findet ebenfalls in Europa statt.

Deswegen gibt es die CPT bzw. das Antifolterkomitees des Europarates. Das Kürzel steht für »Europäisches Komitee zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe«. Bereits an dieser Beschreibung wird deutlich, dass Folter nicht nur eine körperliche Misshandlung sein kann, sondern auch auf die Psyche abzielen kann. In der Vergangenheit wurden beispielsweise diesbezüglich die Haftbedingungen in ukrainischen Gefängnissen und die Abschiebung »unerwünschter Ausländer« aus den Niederlanden analysiert.

Genaue Angaben macht das CPT nicht, um ihre Untersuchungen nicht zu gefährden. Es gibt jedoch die Auskunft, dass Folter am häufigsten bei Festnahme und Verhör auftritt. Generell sei das Gefängnis ein Ort, in dem es verstärkt zu Misshandlungen kommt.

Aufgrund des Folterverbots setzen staatliche Institutionen bevorzugt die bereits oben erwähnte »weiße Folter« ein. Die seelische Misshandlung lässt sich deutlich schwerer nachweisen. Ihre Konsequenzen sind drastisch und beschwören Ängste herauf, die das Leben stark einschränken und zu Verhaltensänderungen sowie seelischen Leiden führen.

Wo beginnt Folter und lässt sie sich im Einzelfall rechtfertigen?

Folter ist in grausames Instrument, welches großen Schaden bei den Opfern anrichtet. Es gibt allerdings Situationen und Momente, in denen selbst Richter nicht sicher sind, wo Folter beginnt. Ein prominenter Fall hierzu ereignete sich 2003 in Frankfurt am Main. Ein junger Student entführte und ermordete den elfjährigen Bankierssohn Jakob von Metzler, um Lösegeld von den Eltern zu erpressen. Der Kriminalfall erhielt nicht nur aufgrund der Schwere der Tat viel Beachtung, sondern auch wegen des Vorgehens der Polizei. Der damalige stellvertretende Frankfurter Polizeipräsident Wolfgang Daschner soll Kriminalhauptkommissar Ortwin Ennigkeit zu einer Straftat verleitet haben. Als der Entführer gefasst, aber das Kind noch nicht gefunden war, drohte Ennigkeit dem Entführer. Dadurch wollte er erfahren, wo sich der Bankierssohn aufhielt.

Der Entführer klagte in einem späteren Gerichtsverfahren gegen die beiden Polizeibeamten. Sie hätten gegen das Menschenrecht »Verbot der Folter« verstoßen. Sie hätten ihn einer folterhaften Psychotechnik ausgesetzt, um ihn zum Sprechen zu bewegen. In der Presse entbrannte eine heiße Diskussion.

Für die einen waren die Drohungen der Polizei Folter, für die anderen war es eine Rettungsfolter. Letztlich urteilte das Gericht, bei Daschner läge ein »Verdacht auf Verleitung eines Untergebenen zu einer Straftat« und bei Ennigkeit ein »Verdacht auf Nötigung im Amt« vor. Das Verfahren endetet mit einem Schuldspruch für beide Angeklagten. Sie erhielten eine Geldstrafe unter Vorbehalt mit einer Bewährungszeit von einem Jahr.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte wies ein Verfahren des Entführers gegen die Beamten ab. Er argumentierte, dass es zwar einen Verstoß gegen Artikel 5 der Menschenrechte gegeben hatte, aber es keine Folter war. Stattdessen war die Behandlung ihm gegenüber unmenschlich. Rettungsfolter sei ferner kein Mittel, dem sich die Polizei bedienen dürfte. Dennoch würde es zu keinem Verfahren kommen, da die deutschen Gerichte die Polizisten bereits bestraft hätten. Somit könnte der Entführer nicht mehr behaupten, er sei »Opfer einer Verletzung«.

Die Entscheidungen und Argumentationen der Gerichte magst du gut oder schlecht finden. Eines zeigt sie jedoch: Folter lässt sich nicht immer eindeutig definieren und in seltenen Fällen verbirgt sich hinter ihr ein verständliches Motiv.

Ob das Motiv eine hinreichende Rechtfertigung für die Qualen eines anderen ist, steht auf einem anderen Blatt.

Wenn Du Dich einsetzen möchtest, gegen Menschenrechtsverletzungen etwas zu tun, oder Institutionen und Gruppen unterstützen willst, die effektiv dagegen vorgehen, Aufklärung betreiben und bereits Kinder und Jugendliche zu dem Thema sensibilisieren, dann melde dich bei uns: Mach mit!

Weitere Informationen und Quellen zum obigen Thema:

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Photo by Evgeny Nelmin on Unsplash

Publiziert am
Jul 8, 2021
 in Kategorie:
Verbote

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