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ein Recht auf Meinungsfreiheit und dein Zugang zu Informationen gehört zu den politisch-bürgerlichen Menschenrechten. Artikel 19 verankert es. Es ist als sogenanntes „empowering right“ unerlässlich, denn es ermöglicht erst die Umsetzung anderer Menschenrechte. Beispiel: das Recht auf Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit. Doch wie sollst du dir eine Meinung bilden, wenn du nur einseitig Fakten erhältst? Besonders kritisch wird die Meinungsfreiheit in Kriegszeiten. Dann läuft nämlich die Kriegspropaganda in den direkt beteiligten und nicht direkt beteiligten Ländern auf Hochtouren – auch in Deutschland.

Meinungsmache in Kriegszeiten

Wer glaubt, die Kriegspropaganda sei eine Erfindung von Reichspropagandaleiter Joseph Goebbels und seinen Schergen, der täuscht sich gewaltig.

In der Mitte des 20. Jahrhunderts erfuhr sie nur einen starken Aufwind, denn jetzt ließen sich die Massenmedien noch effektiver nutzen. Das wurde bis heute perfektioniert.

Anwendung fand die Kriegspropaganda aber nachweislich bereits in der Antike. Sie diente direkt zur Meinungsbeeinflussung und erfolgte in Form von Reden sowie Liedern. Soldaten ließen sich so leichter zum Kampf motivieren und die allgemeine Bevölkerung hielt ihnen auch dank taktischer Überzeugungsarbeit durch Redner die Stange. Das Wort ist seit jeher mächtig und kann Berge versetzen – im Guten wie im Schlechten.

Mit Worten versuchen liebe Freunde uns zu trösten, wenn uns etwas Schlimmes passiert ist. Dahinter verbirgt sich eine gute, ehrenwerte Absicht. Als Manipulation würden wir dies nicht bezeichnen. Mit der Kriegspropaganda sieht das anders aus. Dahinter stecken weder Trost noch Aufklärung. Deswegen definiert der Duden sie so treffend als

„Systematische Verbreitung politischer, weltanschaulicher o. ä. Ideen und Meinungen mit dem Ziel, das allgemeine Bewusstsein in bestimmter Weise zu beeinflussen.“

Mit der Wahrheit hat Kriegspropaganda also nur bedingt etwas zu tun. Und wen wundert dies in Anbetracht des berühmten Zitats: »Das erste Opfer eines jeden Krieges ist die Wahrheit«.

Diese traurige Erkenntnis geht vermutlich auf den antiken griechischen Dichter Aischylos zurück.

Sind Kriegsnachrichten immer falsch?

Nein, Nachrichten aus Kriegsgebieten und über kriegerische Konflikte sind nicht generell falsch. Viele von ihnen entsprechen der traurigen Wahrheit, aber leider sind nicht alle das, was sie zu sein scheinen. So werden einzelne Sachverhalten aus Propagandazwecken überzogen dargestellt, verfälscht, dramatisiert oder verschwiegen. Du erhältst somit nur einen unzureichenden Einblick über eine Situation, weswegen du dir keine bestmögliche und allumfassende Meinung bilden kannst. Stattdessen wirst du gezielt manipuliert, um „selbst“ zur politisch und gesellschaftlich gewünschten Meinung zu gelangen. Das passiert in totalitären Regimen ebenso wie in Demokratien des Westens. Bereits hier stößt damit die Meinungsfreiheit an Grenzen.

Zusätzlich wird sie eingeschränkt, indem Menschen mit unpopuläreren Meinungen als Querdenker, Nazis, Linksradikale, Rechtsradikale, Verblendete, Verschwörungstheoretiker, Irre und weltfremde Intellektuelle hingestellt werden.

Diese pauschale und vorschnelle Diffamierung ist demokratiefeindlich. Sie verhindert einen produktiven Austausch von Ansichten, um einen wie auch immer gearteten Konsens zu finden oder zumindest ein harmonisches Miteinander zu ermöglichen. Drei Aspekte dürfen hierbei nicht vergessen werden:

  1. Von konträren Meinungen und ergänzenden Informationen können wir lernen, da sie den Horizont erweitern. Das heißt nicht, dass du sie übernehmen musst oder sollst.
  2. Geschehnisse und „Wahrheiten“ sind im historischen, gesellschaftlichen und kulturellen Kontext zu setzen. Was heute als wahr und richtig gilt, kann sich morgen als falsch erweisen.
  3. Eine freie, aufgeschlossene und aufgeklärte Multikulti-Gesellschaft muss nicht nur Toleranz gegenüber anderen Kulturen zeigen, sondern auch gegenüber anderen Meinungen. Das muss sie aushalten.

Achtung: Wir sprechen hier von Meinungen, die kein Grundrecht anderer Menschen verletzen oder der Hetze dienen.

Die Maschinerie der Kriegspropaganda läuft und läuft

Du musst dir keine Nachrichten von vor 80 Jahren anschauen, um zu entdecken, dass Kriegspropaganda fortwährend benutzt wird. Sie folgt einem strengen Prinzip: 1. Schuld am Krieg sind stets die anderen. 2. Der Griff zu den Waffen war moralisch unausweichlich. Das sind Rechtfertigungen und keine Erklärungen. Möglichkeiten, zu intensiven und produktiven Verhandlungen, werden vor und während des Krieges oft bewusst nicht wahrgenommen. Warum? Weil das Ziel nicht darin liegt, den Krieg zu vermeiden, sondern den anderen zu schwächen oder gar zu vernichten. Als Verantwortlicher dann die vielen eigenen Kriegsopfer – auf der anderen Seite als Kollateralschäden abgewertet - zu beweinen, erscheint grotesk. Ziel sollte es aus humanitärer Sicht sein, Opfer und Zerstörung jeglicher Art zu vermeiden.

Prinzipien der Kriegspropaganda

Die Brüsseler Geschichtsprofessorin Anne Morelli hat sich die Kriege und die Berichterstattungen über die Kriege der letzten 100 Jahre detailliert angesehen. Das Ergebnis war ernüchternd: Ein Krieg glich dem nächsten und auch die übermächtige Propaganda war austauschbar. Sie bezieht sich auf den englischen Diplomaten Baron Arthur Ponsonby, der nach dem 1. Weltkrieg die zehn Prinzipien der Kriegspropaganda isolierte:

  1.  „Wir wollen den Krieg nicht.“
  2. „Das gegnerische Lager trägt die Verantwortung.“
  3.  „Der Führer des Gegners ist ein Teufel.“
  4. „Wir kämpfen für eine gute Sache.“
  5. „Der Gegner kämpft mit unerlaubten Waffen.
  6. „Der Gegner begeht mit Absicht Grausamkeiten, wir nur versehentlich."
  7. „Unsere Verluste sind gering, die des Gegners enorm.“
  8. „Künstler und Intellektuellen unterstützen unsere Sache.“
  9. „Unsere Mission ist heilig.“
  10. „Wer unsere Berichterstattung in Zweifel zieht, ist ein Verräter.“

Was kannst du für deine Meinungsbildung tun?

Wie schön und einfach wäre das Leben, wenn es strikt schwarz und weiß wäre. Leider – oder eigentlich zum Glück – gibt es Grauzonen. In diesen Grauzonen kannst du dich bewegen, um Sachverhalte und damit auch Kriege aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu begreifen. Du wirst rasch feststellen, dass keine der Parteien ausschließlich gut oder böse ist. Um die Hintergründe für die  Kriege, die seit dem 2. Weltkrieg geführt wurden zu verstehen, findet man sehr interessante Videos und Interviews auf YouTube mit dem Schweizer Historiker und Friedensforscher Dr. Daniele Ganser. Empfehlenswert.

Das Problem bei der Meinungsbildung ist, hinreichend unterschiedliche Informationen zu erhalten. Viele Zeitungen beziehen ihre Infos nur von wenigen großen Presseagenturen, weswegen eine Informationsvielfalt kaum gegeben ist. Doch du kannst dir behelfen.

Deine Waffe gegen Verdummung: Eigene Medienkompetenz

Indem du Berichterstattungen kritisch liest und vor allem aktiv selber Fragen stellst, wirst du im Netz unterschiedliche, alternative Berichterstattungen finden. Achte auf die Prinzipien der Kriegspropaganda, dann kannst du Manipulationsversuche leichter aufdecken. Das ist natürlich etwas aufwendiger, als kritiklos alles Veröffentlichte hinzunehmen, aber mit der Zeit wirst du für Manipulationen immer sensibler.

Ein weiterer Punkt ist, nicht blind populären Meinungen zu vertrauen. Nur weil sie populär sind, müssen sie nicht stimmen. Bewahre dir deine kritische Stimme und verstärke sie.

Wenn du dir so deine Meinung bildest, kannst du auch die so wertvolle Meinungsfreiheit besser ausleben. Außerdem erkennst du rasch, wenn du daran gehindert wirst, frei deine sorgfältig gebildete Meinung zu äußern. Passiert dies, ist Obacht geboten. Hier wird dir ein Menschenrecht verwehrt.

Laut Umfrage sind 90 Prozent der Menschen nicht in der Lage, mehr als drei ihrer 30 Menschenrechte zu benennen. 👉 𝗦𝘁𝗮𝗿𝘁𝗲 𝗷𝗲𝘁𝘇𝘁 𝗱𝗮𝗺𝗶𝘁, 𝗗𝗲𝗶𝗻𝗲 𝗥𝗲𝗰𝗵𝘁𝗲 𝗮𝗹𝘀 𝗠𝗲𝗻𝘀𝗰𝗵 𝘇𝘂 𝗸𝗲𝗻𝗻𝗲𝗻 𝘂𝗻𝗱 𝘀𝗰𝗵𝗮𝘂 𝗗𝗶𝗿 𝗱𝗲𝗻 𝗩𝗶𝗱𝗲𝗼 𝗱𝗲𝗿 𝗚𝗲𝘀𝗰𝗵𝗶𝗰𝗵𝘁𝗲 𝗗𝗲𝗶𝗻𝗲𝗿 𝗠𝗲𝗻𝘀𝗰𝗵𝗲𝗻𝗿𝗲𝗰𝗵𝘁𝗲 𝗮𝗻 👉 [𝗩𝗜𝗗𝗘𝗢] Die Geschichte Deiner Menschenrechte

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Publiziert am
Apr 4, 2022
 in Kategorie:
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