E

in Deutscher freut sich im Jahr im Durchschnitt über 27 Urlaubstage, was die gesetzliche Vorgabe um sieben Tage überschreitet. In den USA existiert keine vorgeschriebene Mindestanzahl per Gesetz. Der Durchschnitt kommt jedoch auf 15 Urlaubstage. In China liegt der gesetzliche Anspruch bei zehn Tagen. Zu diesen Zahlen kommen noch die Feiertage, die natürlich je nach Bundesland unterschiedlich sind. In Deutschland sind es rund zehn. Doch nicht nur für die arbeitende Bevölkerung ist Freizeit wichtig. Auch für die Kinder. 75 Werktage hat der deutsche Schüler im Jahr frei. In dieser Zeit darf es eigentlich auch keine Hausaufgaben geben. Dieses Recht auf Freizeit und Spiel ist in einem Menschenrecht fixiert worden, denn für so wichtig wird es gemeinhin erachtet.

Der Wortlaut von Menschenrecht Nr. 24

„Jeder hat das Recht auf Erholung und Freizeit und insbesondere auf eine vernünftige Begrenzung der Arbeitszeit und regelmäßigen bezahlten Urlaub.“

Die Streiks von Gewerkschaften mögen dich nerven, aber es ist letztlich einer Gewerkschaftsbewegung zu verdanken, dass in Deutschland die Menschen festgeschriebene Arbeitszeiten und Urlaub haben. Bezahlter Urlaub, eine sinnvoll begrenzte Arbeitszeit und ein Anspruch auf Erholung sowie Freizeit gibt es längst nicht überall auf der Welt. In manchen Ländern herrscht trotz des Menschenrechts Nr. 24 ein modernes „Sklaventum“, indem unter Androhung von Entlassung oder weniger Bezahlung Urlaubstage gestrichen und Überstunden zur Tagesordnung gehören. Oft sind davon sogar die Kinder betroffen. In den Nachrichten stehen immer wieder westliche Modemarken in der Kritik, die für Billiglöhne und ohne bezahlten Urlaub Menschen in Fabriken beschäftigen. Und auch in Deutschland beklagen einige Arbeitnehmer ein konstant hohes Aufkommen an Überstunden, die sie nicht ausschlagen können, bzw. wollen.

Große Konzerne in der Kritik

Wir möchten unser Smartphone preiswert kaufen und unseren Computer regelmäßig durch ein aktuelles Modell austauschen, damit wir immer das Beste der Technik nutzen können. Es steht außer Zweifel, dass dies auf Kosten anderer geht, sofern die Hersteller ihre Gewinnmargen nicht drücken. In den vergangenen Jahren konnten durch investigativem Journalismus vor allem bei Großkonzernen massive Missstände aufgedeckt werden, was die Arbeitsbedingungen bei ihren Lieferanten nabetraf. Hierzu ein paar Beispiele aus der Vergangenheit:

  1. Beispiel: Der 14-jährige Liu Fuzong verstarb sehr überraschend. Seine Kollegen fanden ihn tot in seinem Bett in einem Arbeiterheim in China. Die Obduktion ergab einen plötzlichen Tod ohne weiteren Befund. Der junge Fuzong hatte für die Yinchuan Electronic Company gearbeitet, deren Firmengruppe Canon, Samsung und Sony zu ihren Kunden zählt. 12 Stunden arbeitete das Kind täglich. Wenn die Auftragslage gut war, schuftete er mehr. Um dort zu arbeiten, erhielt er einen gefälschten Ausweis, der seine Volljährigkeit bestätigte. Darauf achtete aber niemand, da das Unternehmen regelmäßig Kinder unter 16 Jahren anstellt. Offiziell sind es oft Schülerpraktikanten, die ohne Anspruch auf Mindestlohn wie ein regulärer Arbeiter tagtäglich arbeiten. Einen Anspruch auf das Menschenrecht Nr. 24 wird ihnen ebenfalls abgesprochen.
  2. Beispiel: Zwischen 48 und 136 Überstunden im Monat verzeichneten die Arbeiter des chinesischen Zulieferers der Computerfirma Dell. Sie arbeiteten unter Zwang und Androhungen mehr, ohne einen Mehrverdienst oder den gesetzlichen Mindestlohn zu erhalten.
  3. Beispiel: 2010 gab es eine Suizidwelle bei den chinesischen Angestellten des taiwanischen Herstellers Foxconn. Der Produzent arbeitet mit Apple und anderen Weltkonzernen eng zusammen. Zu den Selbsttötungen kam es durch Missachtung der Menschenrechte Nr. 23 und 24. Es waren unzumutbare Arbeitsbedingungen durch Ausbeutung, monotone Tätigkeiten, extrem lange Arbeitszeiten und herrische Vorgesetzte. Schikanen, Perspektivlosigkeit und Isolation gehörten zur Tagesordnung. Ein Viertel der Angestellten hatte keinen freien Tag in der Woche.
  4. Beispiel: Im Oktober 2012 beschlossen 200 Arbeiter einer indonesischen Fabrik des südkoreanischen Samsung-Konzerns, eine Gewerkschaft zu gründen. Sie wollten die Missstände im Betrieb aufdecken und eliminieren. Darauf wurde ihnen gekündigt, denn Samsung sollte profitabel bleiben. Mit fairen Löhnen und Arbeitszeiten wäre dies nicht mehr gegeben.

Beispiele wie diese gibt es haufenweise. Der Grund liegt zumeist in den zu hohen Gewinnmargen der Hersteller, die die Produktionskosten für mehr Gewinne drücken möchten. Um das Problem zu lösen, wäre oft ein Mittelweg sehr wünschenswert: Weniger Profit für den Hersteller und ein wenig höhere Kosten für den Konsumenten. Ein Wunsch, der immer wieder laut wird, aber scheinbar ungehört verhallt. Unser westlicher Konsum sollte nicht durch die Unterdrückung von den Menschen in ärmeren Ländern finanziert werden. 

Auch in Deutschland ein Thema: keine echte FREIzeit

In Deutschland sind die Regelungen rund um die Arbeitsbedingungen sehr streng und arbeitnehmerfreundlich. So sagt es das Papier und unter anderem auch § 1 BurlG. Demnach steht jedem Arbeitnehmer ein bezahlter Erholungsurlaub zu. Das bedeutet, dass E-Mails an die Jobadresse und Nachrichten auf dem Smartphone oder Anrufe nicht beantwortet werden müssen. Urlaub ist Urlaub. Eine permanente Erreichbarkeit ist daher nicht verpflichtend und niemand muss sein Arbeitshandy mit in den Urlaub nehmen. Eine Ausnahme darf es nur bei akuten Notfällen geben, die bei regulären Jobs selten sein dürften. Außerdem müsste der Aufwand dem Arbeitnehmer dann vergütet werden.

Einige Unternehmen bauen einem Missbrauch der Urlaubsregel sogar vor, indem sie lobenswerterweise die Zustellung von Nachrichten und Anrufen auf das Firmen-Smartphone in der Freizeit blockieren.

Doch die Realität sieht trotz der eindeutigen Gesetzeslage oft anders aus. Einige Vorgesetzte üben einen immensen Druck auf die Angestellten aus und fordern eine konstante Erreichbarkeit in der Freizeit. Sie drohen mit Sanktionen, wenn dies nicht erfolgt. Als Drohmittel dienen Entlassungen, Missachtungen oder das Abziehen von wichtigen Projekten sowie das Ausbleiben von Boni. Um des lieben Friedens willen beugt sich eine große Anzahl der Mitarbeiter. Eine typische Konsequenz daraus kann ein Burnout sein, welches zulasten des Angestellten, der Krankenkasse und in letzter Konsequenz dem Betrieb geht.

Menschenrecht Nr. 24: auch in den UN-Kinderrechtskonventionen

Das Recht auf Ruhe und Freizeit ist nicht nur Teil der allgemeinen Menschenrechte, sondern ist sogar als Artikel 31 in den UN-Kinderrechtskonventionen aufgenommen. Das Recht spielen zu dürfen, ist für Heranwachsende überaus wichtig. Sie erkunden so ihre Umwelt, experimentieren mit ihr und lernen Wichtiges in puncto Sozialisierung. Außerhalb der Klassenräume entdecken sie die Welt.

Gleichzeitig kommt dieses Recht dem Bedürfnis der Kinder nach, sich durch das freie Schweifen seiner Aufmerksamkeit völlig selbstbestimmt an Spielen zu beteiligen, an denen es selber interessiert ist.

Rund um den Globus findet Kinderarbeit statt. Einige gehen „freiwillig“ zu der Arbeit, um etwas zum Haushaltsgeld beizutragen. In Deutschland ist das Problem der Kinderarbeit selten. Viel größer ist ein anderer Missstand: Einige Eltern verplanen die Zeit ihrer Kinder in einem so erheblichen Ausmaß, dass die Kleinen fast keine Freizeit mehr haben. Anstelle mit den Freunden Fahrrad zu fahren oder im Freibad zu planschen, stehen außerschulischer Musik- und Sprachunterricht auf dem Programm. Möglichst frühzeitig soll das Kind sehr viel Wissen aufnehmen, um später im Beruf erfolgreich zu sein. Mit so viel Druck von außen kann es jedoch kaum seine eigenen Interessen entwickeln und persönlichen Fähigkeiten ausbilden. Burnout im Kindesalter oder psychische bis hin zu psychosomatische Erkrankungen im Erwachsenenalter sind dann oft die Folge. Hieran wird deutlich, wie wichtig Menschenrechtsartikel 24 bereits für Kinder und Jugendliche ist.

Wenn Du Dich einsetzen möchtest, gegen die moderne Sklaverei etwas zu tun, oder Institutionen und Gruppen unterstützen willst, die effektiv dagegen vorgehen, Aufklärung betreiben und bereits Kinder und Jugendliche zu dem Thema sensibilisieren, dann melde dich bei uns: Mach mit!

Weitere Informationen und Quellen zum obigen Thema:

_________

Photo by Natalya Zaritskaya on Unsplash

Publiziert am
Dec 8, 2020
 in Kategorie:
Rechte

Mehr zur Kategorie: 

Rechte

ALLE ANSEHEN

Nehme an unserem regelmäßigen Newsletter teil und lies als erstes die neuen Beiträge:

Vielen Dank! Wir haben Deine Anmeldung erhalten.
Hoppla! Beim Absenden des Formulars ist ein Fehler aufgetreten.