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arst du bereits auf einer Demonstration? Bist du in einem Verein? Dann hast du  von dem Menschenrecht Nr. 20 Gebrauch gemacht. Vielleicht kamst du einmal zu spät zur Arbeit oder zur Uni, weil der Verkehr wegen einer Demonstration lahmgelegt war. Das hat dich sicherlich geärgert, aber es war gerechtfertigt: Deine Mitbürger haben ihr Recht auf Versammlungsfreiheit und auch auf Gedankenfreiheit (Artikel 18) sowie Meinungsfreiheit. Das sind wichtige Rechte in einer Demokratie. Leider werden rund um den Globus diese Rechte den Menschen oft abgesprochen. Es ist an der Zeit, sich dafür zu sensibilisieren.

Die Formulierung von Menschenrecht Nr. 20

1. Alle Menschen haben das Recht, sich friedlich zu versammeln und zu Vereinigungen zusammenzuschließen.
2. Niemand darf gezwungen werden, einer Vereinigung anzugehören.

Mit diesem Recht ist gemeint, dass du das Recht hast, dich mit anderen Menschen zusammenzuschließen und Versammlungen einzuberufen. Du darfst mit ihnen demonstrieren und Vereine sowie Gewerkschaften gründen. Hinter dem Grund für dieses Recht steht das Motto: „Gemeinsam sind wir stark.“ Häufig es ist nur in der Gemeinschaft möglich, der staatlichen Macht gegenüberzutreten und seine Forderungen durchzusetzen. Die Politik wird so auf die Wünsche einiger Bürger aufmerksam. Kommen genügend Menschen zusammen, kann der gesellschaftliche Druck so immens sein, dass die Machthaber sich den Forderungen der Demonstranten beugen oder zumindest Änderungen künftig in den Weg leiten. Wie stark solch ein Druck sein kann, zeigt die DDR-Geschichte. Tausende von Menschen flüchteten in bundesdeutsche Botschaften und unzählige DDR-Bürger gingen im Rahmen von Demonstrationen gegen die DDR auf die Straße. Das und Reformen des sowjetischen Staatspräsidenten Michail Gorbatschow sowie die Wirtschaftskrise der DDR führten letztlich zum Ende der DDR-Herrschaft.

Zum Menschenrecht Nr. 20 gehört auch, dass der Staat die Ausübung der Rechte zur Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit unterstützt sowie ermöglicht. Das geschieht beispielsweise durch folgende Maßnahmen:

  • Der Staat stellt öffentliche Plätze und Straßen für Demonstrationen zur Verfügung.
  • Der Staat schützt vor Eingriffen von anderen Personen (wie Polizeischutz bei Demonstrationen).
  • Der Staat bietet wirksame Möglichkeiten zur Beschwerde, wenn die Versammlungsfreiheit durch staatliche oder private Eingriffe verletzt wird.

Die Freiheit zum Zusammenschluss in einer Vereinigung heißt aber auch, nicht dazu gezwungen werden zu können. Niemand darf dich laut Menschenrecht Nr. 20 dazu zwingen, Teil einer Partei oder Gewerkschaft zu werden.

Schutz-, Achtungs- und Gewährleistungspflicht des Staates

Dem Staat obliegt bezüglich Menschenrecht Nr. 20 die Schutz-, Achtungs- und Gewährleistungspflicht. Die Schutzpflicht sowie Gewährleistungspflicht und ihre Maßnahmen sind bereits im vorherigen Abschnitt erläutert worden.

Zur Achtungspflicht gehören das Verbot von willkürlichen Demonstrationsverboten, das Verbot einer gewaltsamen Auflösung von friedlichen Demos und jegliche Beeinträchtigungen vor und im Laufe einer friedlichen Demonstration.

Der Staat darf vereinzelt Menschenrecht Nr. 20 einschränken

Der Staat darf die Versammlungsfreiheit nur einschränken, sofern die allgemeinen Bedingungen für Eingriffe in Menschen- und Grundrechte gegeben sind. Hierfür ist eine gesetzliche Grundlage dringend erforderlich. Darüber hinaus müssen die Einschränkungen erforderlich und verhältnismäßig sein. Sie müssen darauf abzielen, die Sicherheit, öffentliche Ordnung und Sittlichkeit zu garantieren oder die Grund- sowie Menschenrechte Dritter zu wahren. Zu den legitimen Einschränkungen zählen:

  • Es besteht eine Bewilligungspflicht für Demonstrationen und es existiert die Möglichkeit zur zwangsweisen Auflösung von nicht vorab bewilligten Demonstrationen.
  • Es besteht ein präventives Versammlungsverbot, sofern das Risiko einer gewaltsamen Gegendemo besteht.

Kontroverses zum Menschenrecht Nr. 20

Um das Menschenrecht Nr. 20 bzw. seiner Ausübung und seinen Einschränkungen wird fortwährend gestritten. Hierzulande gehören zu den kontroversen Themen:

  • Inwiefern darf die Polizei als staatliches Organ nicht gewünschte Personengruppen auf öffentlichen Plätzen durch die Verfügung von Wegweisungen verschrecken?
  • Inwiefern darf es formelle Voraussetzungen geben, um in die Versammlungsfreiheit einzugreifen?
  • Inwiefern müssen Veranstalter bzw. Demonstrationen für die Kosten durch einen Polizeieinsatz bei der Demo aufkommen?

Letztlich ist es so, wie mit allen Rechten und Gesetzen. Sie inkludieren Ausnahmen und einen Interpretationsspielraum. Das sorgt für Schwierigkeiten, aber kann auch sehr wichtig sein. Oft gibt es Grenzentscheidungen, die sich nur durch die Bewertung der Gesamtsituation und seinem Kontext treffen lassen. Der Nachteil: Der Staat kann gerechtfertigte Demos mithilfe des Deckmantels der öffentlichen Sicherheit bzw. dem Gemeinwohl verbieten.

Menschenrecht Nr. 20 in Deutschland in Coronazeiten

Einige Menschenrechte – wie Artikel 12 und 13 – sind in den Coronazeiten stark eingeschränkt worden. Die einen sehen darin eine Verletzung der Menschenrechte. Die anderen argumentieren, die Einschränkungen wären zum Schutz vor den gesundheitlichen Folgen durch Covid-19 gerechtfertigt. An dieser Stelle möchten wir nicht diskutieren, ob hier Recht oder Unrecht vorliegt, sondern objektiv aufzeigen, inwiefern Menschenrechtler die Versammlungsfreiheit in Deutschland aufgrund von Corona unter Druck sehen. Immerhin steht das Recht jedem zu und nur weil du oder die Politik anderer Meinung ist, darf es nicht missachtet werden.

So haben Menschenrechtlicher mit Sorge beobachtet, wie hart die Versammlungsbehörden vor allem die Demonstrationen von Querdenkern angriffen. Zudem würden einzelne Polizisten die Demonstranten verstärkt als Störer und nicht als Menschen betrachten.

Natürlich müsse auch dem Infektionsschutz Sorge getragen werden, aber das müsse nach den Regeln der Verhältnismäßigkeit erfolgen. Darüber hinaus seien nach Auffassung einiger Menschenrechtler Demonstranten der Querdenkerbewegung durch die Polizei so bedrängt worden, dass Mindestabstände nicht einzuhalten waren. Teilweise gab es Komplettverbote, die nicht unstrittig sind.

Menschenrecht Nr. 20: wenn es an der Umsetzung hapert

Demonstrationsverbote sind das eine. Sehr häufig wird das Menschenrecht Nr. 20 zwar im Allgemeinen gewährt, aber bei der Umsetzung kommt es zu Menschenrechtsverstößen. Weltweit kommt es immer wieder zur Verletzung der Schutzpflicht sowie Gewährleistungspflicht durch den Staat bzw. der Polizei. Im Sommer 2021 gingen Tausende Kolumbianer in der Stadt Cali auf die Straße, um ihren Unmut gegenüber den sozialen Missständen im Land Ausdruck zu verleihen. Die Demonstration ging mit drastischen Menschenrechtsverstößen einher – unter anderem gegen Artikel 1, 3 und 5. So gab es laut der Demonstranten keine Konfrontation zwischen den Demonstranten und der Polizei, sondern es fand eine Jagd der Sicherheitskräfte auf unbewaffnete Demonstranten statt. Darüber hinaus waren die Umstände der Demonstration menschenverachtend: Die Polizei stellt den Strom ab und drosselte das Internet, um die Kommunikation der Menschen einzuschränken. Ein Hubschrauber ließ Tränengasgranaten auf die flüchtenden Demonstranten nieder. Auch Schüsse fielen. Drastische Szenen wie diese sind leider keine Seltenheit.

Manchmal sind es jedoch die Demonstranten, die den Frieden stören und Gewalt ausüben oder provozieren.

Bewusste Angriffe mit Fäusten oder gar Waffen gegen die Polizei sind manchmal initiiert und manchmal spontane Reaktionen. Auch unter den Ordnungshüter kommt es zu Todesfällen, die die Folge eines unkontrollierten und wütenden Mobs sind. Umso wichtiger ist es, dass Proteste und Demonstrationen friedlich ablaufen. Es sollte eine Vereinigung von Menschen sein, die reale oder vermeintliche Missstände offen kundtun. Wer nur zum „Krawall machen“ auf die Straße geht oder sich in einem Verein engagiert, missbraucht auch das Recht der Meinungs-, Gedanken- und Versammlungsfreiheit.

Wenn Du Dich einsetzen möchtest, gegen die Einschränkungen unserer Menschenrechte etwas zu tun, oder Institutionen und Gruppen unterstützen willst, die effektiv dagegen vorgehen, Aufklärung betreiben und bereits Kinder und Jugendliche zu dem Thema sensibilisieren, dann melde dich bei uns: Mach mit!

Weitere Informationen und Quellen zum obigen Thema:

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Photo by Antenna on Unsplash

Publiziert am
Feb 1, 2021
 in Kategorie:
Rechte

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