D

u bist in Deutschland geboren und besitzt die deutsche Staatsangehörigkeit? Vermutlich hast du dir darüber nie wirklich Gedanken gemacht. Du hast dies als Selbstverständlichkeit betrachtet. Hinter diesem Prinzip steckt jedoch Willkür bzw. Zufall. Was hast du dafür getan, die deutsche Nationalität zu haben? Gar nichts. Vielmehr ist es dein Recht.

Die Staatsangehörigkeit wird so lange bestehen, wie es Nationalstaaten gibt. Sie schenkt ein Gefühl der Zugehörigkeit zu einem Staat und räumt dir zugleich bestimmte Rechte (Artikel 1) ein. Wusstest du, dass es Menschen ohne Staatsangehörigkeit gibt? Insbesondere aus politischen Gründen oder zu Diskriminierungszwecken ist ihnen die Staatsangehörigkeit entzogen worden. Das spricht jedoch gegen das Menschenrecht Nr. 15, weil dies ein willkürliches Vorgehen ist.

Das sagt Menschenrecht Nr. 15 aus

1. Jeder Mensch hat das Recht auf eine Staatsangehörigkeit.
2. Niemandem darf die eigene Staatsangehörigkeit willkürlich entzogen noch das Recht versagt werden, die Staatsangehörigkeit zu wechseln.

Allein durch die Geburt erwirbst du eine Staatsangehörigkeit. Sie ist mehr als ein Papier, denn die Staatsangehörigkeit geht mit der Verpflichtung des Staates einher, sich um seine Bürger zu kümmern sowie sie zu schützen. Für gewöhnlich ist es nicht erlaubt, einer Person die Staatsangehörigkeit zu entziehen. Allerdings gibt es eine legitime Ausnahme beim Wechsel der Nationalität. So ist es oft nur möglich, eine neue Staatsangehörigkeit anzunehmen, wenn die alte aufgegeben wird. Doch auch hierzu gibt es Ausnahmeregelungen, die das Halten von mehreren Staatsangehörigkeiten ermöglichen.

Das Problem der erzwungenen Staatenlosigkeit nimmt zu

Die erzwungene Staatenlosigkeit nimmt seit Jahren zu. Die Flüchtlingsorganisation der Vereinten Nationen gibt an, dass rund um den Globus über zehn Millionen Menschen staatenlos seien. Das heißt: Kein Land kann oder will sie als Bürgerinnen und Bürger anerkennen. 13.000 von diesen Menschen halten sich in Deutschland auf.

Eine andere Ziffer besagt: Alle zehn Minuten werden Jungen und Mädchen geboren, denen eine Staatsbürgerschaft verweigert wird.

Dazu gehören nicht nur Menschen, die sich auf der Flucht befinden. Selbst wer innerhalb eines Landes das Licht der Welt erblickt, kann von der Staatenlosigkeit betroffen sein.

Ursachen für den Entzug der Staatsangehörigkeit

Typische Gründe für den Entzug der Staatsangehörigkeit gibt es viele. Oft liegen sie in der Politik. So werden dadurch Personen, die sich gegen den amtierenden Machtinhaber wehren, eliminiert. Kuwait beispielsweise wird auf diese Weise kritische Stimmen gegen die Regierung los. Dadurch werden die Betroffenen allerdings rechtlos. Ein anderes Beispiel: Wird im Iran ein uneheliches Kind geboren und ist der Vater nicht bekannt oder ist nicht auffindbar, erhält das Neugeborene keine Staatsangehörigkeit.

Was bedeutet Staatenlosigkeit?

Staatenlos zu sein, bedeutet, vogelfrei zu sein. Konkret heißt das:

  • kein Bezug von Privilegien
  • Ausschluss von allen Versorgungssystemen
  • kein Recht auf Bildung
  • kein Recht auf gesetzliche Gleichbehandlung (Artikel 7)

Beachtenswert ist außerdem, dass die Staatsangehörigkeit nicht nur an eine politische Übereinkunft gekoppelt ist, sondern darüber hinaus an religiöse und sittliche Normen. So erhalten in 27 Ländern unserer Welt Frauen keine Staatsbürgerurkunden wie Pässe. Sie sind damit an die Willkür und das Wohlwollen ihres Ehemanns oder ihrer Familie gebunden. Staatenlosigkeit geht demnach mit Dokumentlosigkeit einher und ist ein Instrument der Unterdrückung – von staatlicher und familiärer Seite.

Staatsbürgerschaft: Teil der (unfreiwilligen) Identität

Staatsbürgerschaft ist heute ein Synonym für Staatsangehörigkeit. Sie ist Teil der Identität eines Menschen und beschreibt seine Beziehung zu einem bestimmten Staat. Beide Seiten verlangen etwas voneinander. Hier ein paar Beispiele dafür, was der Staat verlangt:

  • Beachtung der Gesetze
  • Anerkennung des Souveräns
  • Entrichtung von Steuern
  • Wehrdienst
  • Loyalität für die Interessen der staatlichen Gemeinschaft

Wie eingangs erwähnt, gleicht die Staatsbürgerschaft einem Schicksal. Eine freiwillige Beziehung ist es nicht. Es ist Glück oder Pech im jeweiligen Land geboren zu sein und dessen Staatsangehörigkeit erhalten zu haben. Kein Neugeborenes kann frei entscheiden, ob es in einem armen oder reichen Land oder in einer Tyrannei oder einer funktionierenden Demokratie geboren wird. Es sucht sich nicht aus, keinen Vater zu haben, eine gesunde Mutter zu besitzen oder einer Minderheit anzugehören. Das müssen wir immer im Hinterkopf haben. Im mündigen Alter sind die Entscheidungsmöglichkeiten, welche Staatsangehörigkeit wir haben möchten, ebenfalls limitiert. Zwar ist es möglich, die Staatsbürgerschaft zu wechseln, aber dies in oft nur bestimmten Personengruppen vorbehalten. Zudem sind zahlreiche Hürden zu überwinden.

Wie erhält jemand die deutsche Staatsangehörigkeit?

„Deutscher im Sinne des § 1 des Staatsangehörigkeitsgesetzes ist, wer die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, die von der Bundesrepublik Deutschland verliehen wird.“ Damit ist es eigentlich ein Automatismus, deutscher Staatsbürger zu sein. Zum Zeitpunkt der Geburt muss ein Elternteil selbst Deutscher sein. Ist das Kind unehelich und der Vater Deutscher aber die Mutter Ausländerin, ist eine Anerkennung seiner Vaterschaft notwendig. Dann kann auch das Kind die deutsche Staatsangehörigkeit erhalten.

Dieses Abstammungsprinzip existiert in der Bundesrepublik bereits seit 1842. Das alte Preußen führte diese Bestimmung ein.

Mehr als 150 Jahre später folgte eine Ergänzung durch ein Geburtsortsprinzip, das für die zweite Einwanderergeneration greift. So können auch Neugeborene Deutsche werden, wenn deren Eltern keine deutsche Staatsangehörigkeit haben. Dafür muss sich allerdings ein Elternteil mindestens acht Jahre rechtmäßig und gewöhnlich in der Bundesrepublik aufhalten sowie ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder eine Aufenthaltserlaubnis haben.

Und es gibt noch eine zweite Option, die deutsche Staatsbürgerschaft zu erhalten. Das wäre der Wechsel der Staatsbürgerschaft oder die Einbürgerung. Allerdings sind die Hürden – ähnlich wie in diversen anderen Ländern - vergleichsweise hoch. Bewerber müssen einen Einbürgerungstest ablegen und sich zum Grundgesetz bekennen. Sie müssen der deutschen Sprache mächtig sein, den Lebensunterhalt ohne Sozialhilfe bestreiten und keine Vorstrafe besitzen. Außerdem muss die bisherige Staatsbürgerschaft amtlich aufgehoben werden.

In der Vergangenheit sorgte wegen der verweigerten Einbürgerung eines Ausländers in Deutschland ein Fall für Furore. Der Libanese erfüllte alle Auflagen für eine deutsche Staatsbürgerschaft - bis auf eine: dem Bekennen zum Grundgesetz. So besagt Artikel 3, dass Frau und Mann gleichzubehandeln sind. Der libanesische Arzt tat dies allerdings nicht, da er sich weigerte, Frauen die Hand zu geben. Das Gericht lehnte seine Einbürgerung ab.

Zukunft der Staatsangehörigkeit

Das Konzept der Staatsangehörigkeit steht fortlaufend in der Diskussion. Die einen möchten längst untergegangene Staaten aufleben lassen, um diese Staatsangehörigkeit anzunehmen. Die anderen träumen von einem Weltbürgertum, das frei von Staaten ist. Was aus der Staatsbürgerschaft in Zukunft wird, bleibt abzuwarten. Letztlich ist sie auch nur „Menschenwerk“ und folgt keinen Naturgesetzen. Es ist damit kein unumstößliches Konzept. Fakt ist: Das Konzept der Staatsangehörigkeit ist auch in Deutschland fortwährend überarbeitet und modifiziert worden. Insbesondere im Zuge der ID2020 sind weitere Abänderungen möglich.

Wenn Du Dich einsetzen möchtest, gegen die Einschränkungen unserer Menschenrechte etwas zu tun, oder Institutionen und Gruppen unterstützen willst, die effektiv dagegen vorgehen, Aufklärung betreiben und bereits Kinder und Jugendliche zu dem Thema sensibilisieren, dann melde dich bei uns: Mach mit!

Weitere Informationen und Quellen zum obigen Thema:

 _________

Photo by Vladislav Klapin on Unsplash

Publiziert am
Feb 19, 2021
 in Kategorie:
Rechte

Mehr zur Kategorie: 

Rechte

ALLE ANSEHEN

Nehme an unserem regelmäßigen Newsletter teil und lies als erstes die neuen Beiträge:

Vielen Dank! Wir haben Deine Anmeldung erhalten.
Hoppla! Beim Absenden des Formulars ist ein Fehler aufgetreten.