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as heißt es, ein Mensch zu sein? Welche Rechte hat ein Mensch? Fragen, wie diese, sind von höchster Brisanz, denn wer keine Rechte hat, der wird zum Spielball von anderen. Bereits vor mehr als 70 Jahren waren sich Politiker und Rechtsexperten darüber bewusst, weswegen sie im Rahmen des Dokumentes Allgemeine Erklärung der Menschenrechte Artikel 6 aufnahmen:

»Artikel 6 (Anerkennung als Rechtsperson): »Jeder Mensch hat das Recht, überall als rechtsfähig anerkannt zu werden.«

Das meint Artikel 6 der Menschenrechte

Für manch einen mag dieses Menschenrecht eine Selbstverständlichkeit sein, und das ist gut so. Allgemein gesprochen stimmt dies aber leider nicht. Deswegen ist es wichtig, dass Rechte wie diese schriftlich fixiert werden. Warum? Wenn du keine Rechtsperson bist, dann werden dir elementare Rechte abgesprochen. Du würdest als Objekt betrachtet werden, wie wir das aus der Sklaverei kennen. Beispielsweise sahen die Römer ihre Sklaven nicht als Rechtsperson an. Es waren lediglich Objekte, über die sich bestimmen ließ. Heute läge bei solch einer Behandlung eine Verletzung von Menschenrechten vor.

Ein weiterer entscheidender Punkt bei der Formulierung dieses Menschenrechts ist der Begriff «Jeder».

Es wird demnach nicht zwischen Staatsbürgern und Fremden unterschieden - oder so sollte es zumindest sein. Hiermit verpflichten sich die Staaten dazu, dass jedem Menschen umfangreiche Rechte zustehen. Hierzu gehört das Recht, einen Vertrag zu machen und gerichtlich durchzusetzen. Zudem kann sich jeder Mensch in seinem Staat -  zumeist dem Heimatstaat - registrieren lassen, um von weiteren Rechten Gebrauch zu machen: Stimmrecht bei Wahlen, Niederlassungsrechte etc.

Bereits an diesen Ausführungen siehst du, welche Schwierigkeiten es gibt. So haben es Fahrende und Staatenlose schwer, all ihre Rechte zu erhalten.

Können sie sich für Wahlen registrieren? Darüber hinaus existieren bei den Rechten bezüglich der Rechtsfähigkeit Einschränkungen bei Kindern. Sie müssen sich bei bedeutenden Verträgen von ihren Erziehungsberechtigten vertreten lassen.

Artikel 6 ist auch auf nationaler Ebene fixiert

Das Recht auf Anerkennung als Rechtsperson sowie die Rechtsfähigkeit findet sich nicht nur in etlichen internationalen Menschenrechtsverträgen, sondern zudem auf nationaler Ebene. Während der Mensch Rechtsträger von Menschenrechten ist, fallen dem Staat drei Pflichten zu:

  • Achtungspflicht: Der Staat inklusive seiner ausführenden Organe darf keine nicht gerechtfertigte Eingriffe in das Recht auf »Anerkennung als Rechtsperson« unternehmen. So darf beispielsweise einem Menschen nicht die Rechtsfähigkeit aberkannt werden, um ihn zu bestrafen. Ein anderes brisantes Beispiel hierfür ist das Einschränken der Rechtsfähigkeit von volljährigen Frauen, weil sie Frauen sind.
  • Schutzpflicht: Der Staat inklusive seiner Organe muss etwas unternehmen, wenn Verstöße gegen kulturelle Rechte durch nicht-staatlich Dritte (Unternehmen etc.) erfolgen. Hierzu gehört zum Beispiel ein Erlass per Gesetz, dass Sklavenhandel und Sklaverei verboten sind.
  • Gewährleistungspflicht: Der Staat inklusive seiner Organe muss alle institutionellen und materiellen Voraussetzungen implementieren, damit sich dieses Recht zur Rechtsfähigkeit vollumfänglich realisieren lässt. Beispiele dafür sind beispielsweise ein Führen von Geburtenregistern ohne Lücken. Zudem muss es möglich sein, sich wirksam zu beschweren, wenn gegen das Recht verstoßen wird.

Wann beginnt die Rechtsfähigkeit und wann hört sie auf?

Im Sinne der Menschenrechte steht dem Menschen bereits im Mutterleib Rechtsfähigkeit zu. Die Rechtsfähigkeit aus dem BGB sieht dies anders vor. Hiernach beginnt die Rechtsfähigkeit nach § 1 BGB mit Vollendung der Geburt. Ob Rechtsfähigkeit im Sinne der Menschenrechte oder des BGBs: In beiden Fällen endet sie mit dem Tod der Person.

Achtung: In Einzelfällen spricht das BGB auch ungeborenen Kindern Rechtsfähigkeit zu. So können Ungeborene bereits erbberechtigt sein.

Gibt es Einschränkungen zu dem Menschenrecht Artikel 6 und damit der Rechtsfähigkeit?

Der Kerngehalt des Artikels 6 ist, dass die Anerkennung als Rechtsperson sich nicht grundsätzlich einschränken lässt. Allerdings gibt es legitimierte Einschränkungen. Sie dürfen nur erfolgen, sofern die allgemeinen Bedingungen für Eingriffe in Menschen- und Grundrechte gegeben sind. Darüber hinaus ist eine gesetzliche Basis hierfür erforderlich und die Einschränkung muss erforderlich sowie verhältnismäßig sein. Sie darf der öffentlichen Ordnung, Sittlichkeit und Sicherheit nicht widersprechen. Gleichzeitig müssen die Grund- und Menschenrechte anderer bewahrt werden. All das klingt ein wenig kryptisch, aber lässt sich leicht an ein paar Beispielen verdeutlichen: So darf der Staat die selbständige Ausübung der Rechtsfähigkeit limitieren, sobald ein Mensch zumindest eingeschränkt handlungsfähig ist.

  • Eine Person ist psychisch schwer erkrankt. Sie wird entmündigt.
  • Minderjährige benötigen eine rechtliche Vertretung.

So alltäglich und einleuchtend Beschränkungen wie diese sein mögen, gibt es hier auch ein erhebliches Konfliktpotenzial.

Ab wann darf der Staat bestimmen, dass ein Demenzkranker aufgrund seiner Demenz in seiner Rechtsfähigkeit eingeschränkt ist? Wann ist es wichtig, ihn vor sich selbst zu schützen? Wann liegt ein Missbrauch der Absprache der Rechtsfähigkeit vor?

Der Einzelfall ist entscheidend, aber dieser ist oft schwer zu beurteilen. Sogar Juristen und Ärzte stoßen dabei an ihre Grenzen.

Wenn Du Dich einsetzen möchtest, gegen Menschenrechtsverletzungen etwas zu tun, oder Institutionen und Gruppen unterstützen willst, die effektiv dagegen vorgehen, Aufklärung betreiben und bereits Kinder und Jugendliche zu dem Thema sensibilisieren, dann melde dich bei uns: Mach mit!

Weitere Informationen und Quellen zum obigen Thema:

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Photo by Peggy Anke on Unsplash

Publiziert am
Jun 11, 2021
 in Kategorie:
Gleichheit

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