D

ie Menschenrechte zielen auf Gleichheit aller Menschen ab. Das lässt sich auch an dem Menschenrecht Nr. 10 erkennen, welches auf die Gleichheit vor Gericht und ein faires Strafverfahren eingeht. So selbstverständlich wie dies erscheint, ist es nicht. Menschenrechtsverstöße diesbezüglich lassen sich tagtäglich auf der Welt feststellen. Oft gehen sie mit Verstößen gegen die Menschenrechtsartikel 1, 5, 7 und Artikel 9 einher. Schauen wir uns das Menschenrecht Nr. 10 einmal genauer an.

Das meint Menschenrecht Nr. 10

Die exakte Formulierung des Menschenrechts Artikel 10 lautet:

„Jeder hat bei der Feststellung seiner Rechte und Pflichten sowie bei einer gegen ihn erhobenen strafrechtlichen Beschuldigung in voller Gleichheit Anspruch auf ein gerechtes und öffentliches Verfahren vor einem unabhängigen und unparteiischen Gericht.“

Dieser Passus bedeutet, dass jeder Recht auf ein Gerichtsverfahren hat, das fair, unabhängig und unparteiisch ist.

Wenn eine Anklage wegen einer Straftat erfolgt, dann muss dies nach den Menschenrechten öffentlich vor einem unabhängigen sowie nicht parteiischen Gericht passieren. Solch ein öffentliches Verfahren dient dem Schutz vor Willkür und einer ungleichen Behandlung. Darüber hinaus ergeben sich durch ein öffentliches Verfahren Zeugen, die bei Ungerechtigkeit eingreifen können. Beachtenswert ist ferner, dass das Handeln des Gerichts auf diese Weise transparent wird und die Bürger nachvollziehen können, wie die Rechtsvertreter und damit die Staatsgewalt ein Urteil fällt.

Ausnahme: Es gibt keine Regel ohne Ausnahme. So kann es sein, dass das Gericht die Öffentlichkeit von einer Verhandlung komplett oder in Teilen ausschließt. Das geschieht zum Schutz der Beteiligten oder Angeklagten. Insbesondere bei Strafverfahren gegen Jugendliche, die bei der Tat minderjährig waren, greift diese Ausnahme.

Guantánamo: ein schillerndes Beispiel für einen Verstoß gegen Artikel 10

Als Synonym für die Verletzung von Menschenrechten steht Guantánamo. Menschenrechtler bezeichnen den US-Militärstützpunkt Guantánamo Bay auf Kuba als „Schandfleck der Menschenrechtsbilanz der USA“.

Täglich verstößt dort das US-Militär gegen diverse Menschenrechte.

Dazu gehört auch der Artikel 10 der Menschenrechte bezüglich eines fairen Verfahrens. Drei bis vier Dutzend Muslime befinden sich derzeit in dem Lager. Für einige von ihnen ist eine Entlassung vorgesehen. Passiert ist diesbezüglich faktisch aber noch nichts. Menschenrechtler fordern nicht nur ein Stopp der fortlaufenden Folterungen, sondern auch faire Verfahren für die Inhaftierten. Sie sollen, sofern strafverdächtig, rechtmäßig angeklagt und vor ein Zivilgericht gestellt werden. Immerhin sei dies ein Menschenrecht. Diesen Verdächtigen wird es allerdings abgesprochen. Sie verharren in dem Lager und sind der Willkür der USA ausgesetzt. Erachtet die Politik sie nicht als menschliche Wesen?

Philippinen: politische Gefangene ohne Gerichtsverfahren

Über 15.000 km von Kuba entfernt liegt der Inselstaat Philippinen, der aus unterschiedlichsten Gründen wegen Menschenrechtsverletzungen im andauernden Kreuzfeuer steht. Hierzu gehören beispielsweise die politischen Morde an 1.033 Menschen (Artikel 6) nach Amtseintritt der einstigen Präsidentin Gloria Macapagal-Arroyo im Jahr 2001. Weitere 200 gelten als vermisst. Darüber hinaus befinden sich mehr als 200 noch immer in Haft. Dort warten sie auf eine gerechte Behandlung und eine Freilassung, da viele von ihnen aufgrund von fragwürdigen Anklagen inhaftiert sind. Es sind Journalisten, Mitglieder politischer Parteien, Gewerkschafter, Landreformaktivisten, Menschenrechtsaktivisten und viele mehr. Sie alle wehren sich gegen die Umweltverschmutzung und stehen für gerechte Löhne sowie Arbeitsrechte ein. Der Staat verschließt davor aufgrund von wirtschaftlichen Interessen die Augen.

Die philippinische Regierung hat in der Vergangenheit diverse Menschenrechtsabkommen unterzeichnet. Das führte allerdings nicht dazu, dass die Regimegegner eine rechtmäßige strafrechtliche Verfolgung erhalten.

Einige von ihnen saßen nie in Haft. Sie wurden von Polizei und Militär getötet. Die Täter wurden weder verhaftet noch vor Gericht gestellt. Menschenrechtler prangern noch immer an, dass die philippinische Regierung keinen Willen zeigt, faire Gerichtsverfahren durchzuführen. Stattdessen sei sie parteiisch und voreingenommen. Damit würden keine demokratischen Verhältnisse bestehen. Auch der jetzige Präsident Rodrigo Duterte würde daran nichts ändern und als Autokrat agieren.

Mexiko: ohne Gerichtsverfahren zur Strafe verurteilt

Im Frühjahr 2016 machte ein Fall in Mexiko Schlagzeilen. Die Polizei verhaftete in einem kleinen Dorf im Südosten des Landes einen 14-jährigen Jungen. Er gehört gleich zwei Minderheiten an, da er behindert und indigen ist. Laut Polizei hätte der Teenager Steine gegen ihr Fahrzeug geworfen, wofür es keine Beweise gab. Die Verhaftung war willkürlich und haltlos. Die Polizisten teilten dem Jungen weder mit, warum sie in abführten, noch durfte er seine Familie anrufen. Sie folterten ihn und brachten ihn in eine Polizeistation, wo er unter Schlägen ein erzwungenes Geständnis ablegte.

Auch gegen das Menschenrecht Nr. 10 wurde verstoßen, denn es kam nie zu einem Gerichtsverfahren. Stattdessen erpresste die Polizei die Familie: Würden sie kein Geld an die Polizei zahlen, käme ihr Sohn nicht frei. Dank umfangreicher Spenden konnte sie seine Freilassung bewirken. Parallel hierzu legten sie Beschwerde bei der Menschenrechtskommission und bei den Staatsanwälten des Bundesstaates ein.

Bisher blieb die Gegenwehr erfolglos. Die Polizisten wurden nicht zur Verantwortung gezogen. Sie fahren weiterhin im Wohnort der Familie des Jungen auf Streife.

Wie können solche massiven Verstöße gegen die Menschenrechte geschehen? Die Gründe hierfür sind vielfältig. Einen schuf die Politik selbst: Seit Sommer 2016 ist es der mexikanischen Polizei erlaubt, Untersuchungen eigenmächtig durchzuführen. Damit soll die Verbrechensbekämpfung effizienter werden. Vielfach mag dies der Fall sein, aber leider wird diese Möglichkeit auch missbraucht. Die häufig schlecht ausgebildeten Polizisten nutzen das Plus an Verantwortung für eigene Zwecke. Auch die Unschuldsvermutung wird missachtet. Das Unterschieben von Beweismitteln gehört zum Alltag. Die Justizbeamten selbst konterkarieren gelegentlich ein gerechtes Verfahren und damit Menschenrecht Nr. 10, indem sie die Herkunft der Beweismittel nicht hinterfragen. Dabei ist ihnen sehr wohl bewusst, dass die Polizei Verdächtigen vereinzelt Beweise unterschiebt.

Kein faires Verfahren – oft nur ein Verstoß von vielen

Die Beispiele machen deutlich, dass auch bei Menschenrecht Nr. 10 ein Verstoß oft mit weiteren Menschenrechtsverstößen einhergeht. Dies macht deutlich, wie wichtig es ist, die Menschenrechtsverletzungen minutiös aufzunehmen und voneinander zu unterscheiden. Auf diese Weise lassen sich besser Maßnahmen implementieren, um Verstöße zu verhindern.

Wenn Du Dich einsetzen möchtest, gegen die Einschränkungen unserer Menschenrechte etwas zu tun, oder Institutionen und Gruppen unterstützen willst, die effektiv dagegen vorgehen, Aufklärung betreiben und bereits Kinder und Jugendliche zu dem Thema sensibilisieren, dann melde dich bei uns: Mach mit!

Weitere Informationen und Quellen zum obigen Thema:

 _________

Photo by Hasan Almasi on Unsplash

Publiziert am
Apr 30, 2021
 in Kategorie:
Gleichheit

Mehr zur Kategorie: 

Gleichheit

ALLE ANSEHEN

Nehme an unserem regelmäßigen Newsletter teil und lies als erstes die neuen Beiträge:

Vielen Dank! Wir haben Deine Anmeldung erhalten.
Hoppla! Beim Absenden des Formulars ist ein Fehler aufgetreten.